Beschäftigte in der Transformation

Perspektiven in der Automobilindustrie Thüringen

28.05.2019 | Über 50.000 Menschen sind in der Thüringer Automobil- und Zuliefererindustrie beschäftigt. Sie ist die für Thüringen wichtigste Industriebranche und steht vor großen Umwälzungen, "sie steht am Beginn eines Prozesses, der diese Schlüsselindustrie Deutschlands und Thüringens durchschütteln wird", so formuliert es Jörg Köhlinger, Bezirksleiter der IG Metall.

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Die besondere Struktur der Thüringer Automobil- und Zuliefererindustrie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus zumeist kleinen und unselbständigen Betrieben ohne große Finanzierungsmöglichkeiten, in den hinteren Rängen der Wertschöpfungskette besteht. Kurz und gut: Die Möglichkeiten zu einer eigenständigen, vorausschauenden Planung der Thüringer Betriebe für die kommenden Transformationsprozesse sind sehr beschränkt. Klimaveränderungen und resultierende politische Regulierungen sowie industriepolitische Steuerung innerhalb und außerhalb Europas (etwa in China) erhöhen den Dekarbonisierungsdruck zusehends und erfordern eine zügige Umstellung auf andere Antriebsformen. Gleichzeitig verändern Digitalisierung und Industrie 4.0 nicht nur das Produkt Automobil, sondern auch dessen Produktionsweise. Daraus folgt ein beschleunigter Strukturwandel mit verkürzter Übergangszeit - so einige Erkenntnisse der Studie "Arbeitnehmerperspektiven auf die Konversionschancen der Automobilindustrie in Thüringen", die am Montag, 27. Mai in Eisenach vorgestellt wurde. Durchgeführt wurde die Studie von der FSU Jena auf Initiative der IG Metall.

Eine weitere wichtige Erkenntnis: Gute Arbeit wird vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels immer wichtiger. Zum einen spielt die Frage der Arbeitszeit für viele Beschäftigte eine zunehmende Rolle, tarifliche Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzung werden begrüßt und die Arbeit soll sich zunehmend dem Leben anpassen. Zum anderen stößt das Niedriglohnregime an seine Grenzen, die Billigstrategie der Vergangenheit funktioniert nicht mehr. Im Ergebnis der Diskussion stehen vier Punkte, zu denen in Thüringen dringender Handlungsbedarf besteht:

  1. Schaffung von Netzwerkstrukturen, regionalen Clustern unter Einbeziehung der Gewerkschaften
  2. ein hoher Bedarf an politische Unterstützung inklusive temporärer Übernahmen von Gesellschafteranteilen durch das Land, die Ausreichung von Landesbürgschaften, finanzielle Unterstützungen anderer Art
  3. dringend nötiger Ausbau von Infrastruktur, stärkere Förderung von Forschung und Entwicklung, Qualifizierungsmöglichkeiten für Beschäftigte im Transformationsprozess
  4. Erweiterung der gesetzlichen Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung in Bezug auf Personalentwicklungsmaßnahmen.

Von: cb

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