31.10.2025 | Eine aktive Industriepolitik eine kraftvolle Initiative für Elektromobilität forderte Bezirksleiter Jörg Köhlinger auf der Mitbestimmungskonferenz Anfang Oktober. Einigen Politikern, vielen Arbeitgebern und Verbänden falle nur Sozialabbau ein.
Wie groß ist die Gefahr der Deindustrialisierung?
Von einer Deindustrialisierung würde ich nicht sprechen, aber die Tendenz zeigt in diese Richtung. Die Arbeitgeber haben das Commitment der Corona-Zeit, Massenentlassungen zu vermeiden, aufgekündigt.
Was kann die IG Metall gegen Stellenabbau tun?
Die IG Metall wird die Mitbestimmung nutzen, um Beschäftigung zu sichern. Die Sozialpartnerschaft wird von Seiten der Arbeitgeber gerade über Bord geworfen. Unsere Devise lautet „Solidarisch in die Offensive“. Das bedeutet: gemeinschaftliches Handeln und Konfliktbereitschaft. Auch deshalb sind die Betriebsratswahlen im kommenden Jahr so wichtig.
Viele Probleme sind entstanden durch den Umstieg in eine CO2-freie Produktion. Ist das ein Fehler?
Nein. An der Dekarbonisierung führt kein Weg vorbei. In der Automobilindustrie kam der Wechsel vielmehr zu spät. In der Modellpolitik haben die Autokonzerne den falschen Weg eingeschlagen, indem sie auf Luxusmodelle setzten anstatt auf bezahlbare Modelle. Die Arbeitgeber müssen jetzt dafür die Verantwortung übernehmen.
Beim Umstieg in die Elektromobilität klemmt es. Was muss jetzt geschehen?
Die IG Metall steht zur Elektrifizierung des Automobils. Deshalb brauchen wir jetzt eine kraftvolle Offensive für Elektromobilität und zugleich eine Flexibilisierung der CO2-Regeln. Das bietet auch der Zulieferindustrie verlässliche Perspektiven.
Nicht alle Stahlunternehmen ziehen mit bei der Produktion von grünem Stahl. Teilst Du diese Zurückhaltung?
Bei der Dekarbonisierung gibt es keinen Weg zurück. Die Stahlindustrie im Saarland ist auf einem guten Weg, hier werden 4,6 Milliarden Euro in den Umstieg investiert.
Der Politik fällt in der Energiewende eine zentrale Rolle zu. Wird sie dieser Aufgabe gerecht?
Nur in Ansätzen. Wir begrüßen die EU-Pläne zum Schutz der Stahlindustrie, dafür haben wir lange gestritten. Jetzt muss sich die Bundesregierung aktiv für die Umsetzung einsetzen. Es hapert in Deutschland aber beim Ausbau der Stromnetze und dem Aufbau von Speicherkapazitäten. Und den von uns geforderten Industriestrompreis, der dringend gebraucht wird, gibt es immer noch nicht.
Haben Bundesregierung und EU richtige Antworten auf die aggressive Handelspolitik der USA?
Schutzmaßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken sind vorhanden. Das reicht aber nicht. Wir brauchen auch eine Local-Content-Strategie, d.h. höhere Fertigungsanteile in Europa. Bislang scheute sich die EU davor aus Angst vor Reaktionen aus China und den USA, die selbst solche Regelungen haben.
Wird in politischen Debatten an den realen Problemen vorbei diskutiert?
Teilweise ja. Eine 40-Stundenwoche und Einschnitte im Sozialsystem werden nicht zu einer besseren Auftragslage und wirtschaftlichen Entwicklung führen. Wir brauchen zur Stabilisierung eine stärkere Binnennachfrage und Investitionen. Außerdem muss in der Gesellschaft gerecht zugehen. Die Superreichen und die Vermögenden müssen endlich einen angemessenen Beitrag leisten. Die IG Metall wird weiterhin eine Verteilungsdebatte führen. Dabei geht es beispielsweise um gerechteErbschafts- und Vermögensteuer.
Mehr aus dem Bezirk erfahrt ihr in der aktuellen Ausgabe der metall.