Walk of Steel

Zu Fuß nach Brüssel: für eine faire Transformation

03.02.2020 | Unser „Herz aus Stahl“ hat eine grüne Zukunft. Um endlich die notwendige politische Unterstützung dafür zu erhalten, wandern Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter 350 Kilometer nach Brüssel. Der „Walk of Steel“ hat begonnen.

Wanderschuhe geschnürt, Transparente, Fahnen und vor allem Forderungen im Rucksack verstaut, noch einmal tief durchatmen, dann geht’s los. Knapp 50 Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter machen sich auf den Weg. Satte 350 Kilometer liegen vor ihnen. In zehn Tagen wollen sie zu Fuß von Völklingen im Saarland nach Brüssel, das ist ihr „Walk of Steel“ (SR.de). Wenn es darum geht, die überfällige Unterstützung seitens der Politik einzufordern, ist den Metallerinnen und Metallern kein Weg zu weit. Statt ihren Urlaub am Strand in der Sonne zu genießen, setzten sie ein Zeichen. Wind, Regen, schmerzende Füße können sie nicht davon abhalten.


Saarstahl-Betriebsrat führt Wandertruppe an

„Es geht uns darum, dass wir eine sozial-ökologische Transformation erleben müssen, bei der die Beschäftigten nicht auf der Strecke bleiben“, betont Stephan Ahr, Betriebsratsvorsitzender bei Saarstahl, der die Wandertruppe anführt. Ahr und seine 50 Kolleginnen und Kollegen wollen in zehn Tagen in Brüssel EU-Klimaschutzkommissar Frans Timmermans ihre Forderungen übergeben. Unterstützung bekommen sie dabei von Beschäftigten aus dem ganzen Bundesgebiet, die zu der Aktion in die belgische Hauptstadt anreisen werden.

Ihr gemeinsames Ziel: Die Politik muss endlich ihren Teil zu einer fairen Transformation beitragen. Dazu müssen Klimaschutz und Industriepolitik in Einklang gebracht werden, statt sie gegeneinander auszuspielen. Den Beschäftigten ist klar, um die Klimaziele – bis 2050 CO2-neutral zu sein – zu erreichen, ist eine weitestgehende Dekarbonisierung auch in der Stahlindustrie unabdingbar. Wie das technologisch geschehen soll, das wissen die Unternehmen und ihre Beschäftigten längst. Das Problem ist nur, die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Es fehlen die nötigen Rahmenbedingungen. Die Beschäftigten und die IG Metall erinnern Berlin und Brüssel deshalb mit Nachdruck an ihre Aufgaben:


Betriebe brauchen finanzielle Unterstützung

Stahl kann durch das Verfahren der Wasserstoffreduktion klimaschonend hergestellt werden. Der Umbau der Produktion erfordert aber hohe Investitionen. Die Stahlunternehmen sprechen von 30 Milliarden Euro, die es kosten wird, um die Emissionsziele im Jahr 2050 zu erreichen.

Und genau hier klemmt der Schuh. Die Stahlunternehmen können diese immense Summe nicht alleine aufbringen, denn seit Jahren müssen sie für steigende Energiekosten sowie für ihre CO2-Emissionen, in Form von CO2-Zertifikate, ordentlich blechen. Klar ist also: Für eine faire Transformation müssen EU und Bundesregierung den Säckel aufmachen.


Ausbau der erneuerbaren Energien ist erforderlich

Wer Stahl klimaneutral herstellen möchte, der braucht Strom. Viel Strom. Erwartet wird ein zusätzlicher Bedarf von mindestens 130 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr. Um ihn zu decken, braucht es rund 12 000 zusätzliche Windkraftanlagen. Im letzten Jahr hat die Bundesregierung nicht mal 300 zugebaut. An Land waren es so wenige wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das zeigt: Hier ist immenser Nachholbedarf.


Stromtrassen müssen gebaut werden

Ein weiteres Problem stellt die fehlende Infrastruktur dar. Es wird nicht ausreichen, die notwendige Stromkapazität aus erneuerbaren Energien zur Verfügung zu stellen. Der Strom muss auch dort verfügbar sein, wo die industriellen Anlagen ihn benötigen. Dazu sind entweder die Stromtrassen entsprechend auszubauen oder aber Leitungen für den Transport von Wasserstoff zu errichten. Zusätzlich müssen die entsprechenden Elektrolysekapazitäten zur Herstellung des benötigten Wasserstoffs geschaffen werden, mit dem Stahl künftig klimaneutral produziert werden soll.


Es braucht die Green Border Tax

Zurzeit werden Stähle in die EU importiert, die mit höheren CO2-Emissionen belastet sind, als in der EU produzierter Stahl. Hinzu kommt noch der klimaschädliche Transport über die Weltmeere und die Tatsache, dass er aufgrund fehlender Emissionsrechtehandelssysteme kostengünstiger hergestellt werden kann, ganz zu schweigen von Arbeitsbedingungen, unter denen er hergestellt wird. Deshalb fordern die Beschäftigten der Stahlindustrie und die IG Metall eine Green Border Tax. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die an den Außengrenzen der EU erhoben werden soll. Vereinfacht gesagt erhält der CO2-Anteil der importierten Produkte einen Preis. Diese Mittel könnten dann zur Finanzierung von CO2-senkenden Technologien genutzt werden.


Die IG Metall ist in Berlin bereits vorgedrungen

Die IG Metall ist bereits mit der Politik im Austausch und hat ihre Forderungen vorgesellt. Konkret gab es zwei Gespräche mit Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Teilgenommen haben neben der IG Metall auch die Spitzen der deutschen Stahlindustrie sowie der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Ziel war es konkrete Politikinstrumente zu vereinbaren, um die Transformation der Stahlindustrie zu begleiten und zu unterstützen. Mit konkreten Ergebnissen ist in den nächsten Wochen zu rechnen. Die Beschäftigten der Stahlindustrie erinnern mit ihrem „Walk of Steel“ Berlin und Brüssel derweil mit Nachdruck daran, dass sie nun liefern müssen.

Fotos:IG Metall

Von: cb

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