20.04.2023 | Die IG Metall Mitte hat Betriebsräte in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen zur Unternehmensentwicklung befragt. Die 450 befragten Arbeitnehmervertretungen beurteilen die wirtschaftliche Situation in der Metall- und Elektroindustrie in allen vier Bundesländern überwiegend positiv.
Jörg Köhlinger, Leiter der IG Metall Mitte, sieht im unzureichenden Ausbildungsplatzangebot ein großes Risiko für die mittel- und langfristige Entwicklung der Metall- und Elektroindustrie und ist entsetzt über die Strategielosigkeit vieler Unternehmen in Mitte. „Es ist erfreulich, dass sich die Kassandrarufe der Arbeitgeberverbände nicht bewahrheitet haben. Den meisten Unternehmen geht es gut. Es ist allerdings sehr besorgniserregend, dass viele Arbeitgeber keine strategischen Antworten auf die Transformation haben und lieber über den Fachkräftemangel klagen als etwas dagegen zu tun. Nichts tun, jammern und über die hohen Energiekosten klagen wird nicht zu einem nachhaltigen sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaftsweise führen. Nur wer die Herausforderungen annimmt, kann sie auch gestalten.“
Rund 48 Prozent der Befragten sehen aktuell eine gute Auftragslage und mehr als 25 Prozent bezeichnen diese als sehr gut. Auch der Auftragsbestand wird von 80 Prozent der Betriebsräte als sehr gut oder gut bezeichnet. Kurzarbeit spielt in 90 Prozent der Unternehmen keine Rolle mehr. Rund 72 Prozent der Betriebsräte schätzen die mittelfristige Entwicklung des Unternehmens positiv ein, lediglich 13 Prozent gehen von einer schwierigen Entwicklung aus. Allerdings geben 30 Prozent der befragten Betriebsräte an, dass die Energiepreise die Entwicklung des Unternehmens stark bis sehr stark beeinflussen und der Verlagerungsdruck damit steigt. Bisher konnten allerdings 76 Prozent der Unternehmen die hohen Energiekosten an Dritte weitergeben.
Trotz dieser guten wirtschaftlichen Entwicklung rechnen nur etwa 30 Prozent der befragten Betriebsräte mit einem Beschäftigungsaufbau in ihrem Betrieb. 55 Prozent der Arbeitnehmervertreter gehen davon aus, dass die Zahl der Arbeitsplätze konstant bleibt. Allerdings gehen etwa 13 Prozent davon aus, dass es mittelfristig zu einem Abbau bzw. einem starken Abbau von Arbeitsplätzen kommen wird.
Trotz des von den Arbeitgebern immer wieder beklagten Fachkräftemangels sehen 32 Prozent der Betriebsräte, dass in ihrem Unternehmen die Zahl der Ausbildungsplätze rückläufig ist und eine etwa gleich große Zahl der Betriebsräte gibt an, dass die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze seit Jahren stagniert.
Besonders erschreckend ist, dass 43 Prozent der Betriebsräte angeben, dass die Unternehmensführung bisher keine oder unzureichende Strategie zur Bewältigung der Transformation entwickelt hat.
Die Bewertung der Lieferketten ist zweigeteilt: In rund 50 Prozent der Betriebe sind die Lieferketten stabil, eine etwa gleich große Gruppe von Unternehmen muss mit gefährdeten bzw. unterbrochenen Lieferketten umgehen. Dafür verantwortlich sind beispielsweise Produktionsausfälle bei Zulieferern aufgrund des Halbleitermangels oder von Rohstoffengpässen. Aber auch Probleme beim Transport oder der unerwartet hohe Nachfrageanstieg führen zu gestörten Produktionsabläufen.
An der Befragung beteiligten sich im Bezirk Mitte rund 450 Arbeitnehmervertretungen, bundesweit beteiligten sich im Zeitraum vom 20. März bis 6. April 2.508 Betriebsräte.