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IG Metall-Analyse: Ausbildungsboykott verschärft Fachkräfteproblem

04.03.2024 | Frankfurt am Main – Nur jeder fünfte Betrieb (19,1 %) bildet in Deutschland noch Berufseinsteiger aus. Und selbst wer ausbildet, tut dies in zu geringem Umfang. Nicht einmal fünf Prozent der Beschäftigten in ausbildenden Unternehmen sind Azubis. Mit einer Ausbildungsquote von nur 4,3 Prozent sind die Arbeitgeber in den Branchen der IG Metall sogar unterdurchschnittlich. 4,8 Millionen Beschäftigten folgen dort nur 209.000 Auszubildende nach. Das ergibt die IG Metall-Ausbildungsbilanz 2023.

Hans-Jürgen Urban, für Bildungs- und Qualifizierungspolitik verantwortliches Vorstandsmitglied der IG Metall, sagt: „Das Engagement der Arbeitgeber für die eigene Zukunft und die junger Menschen ist ernüchternd. Wer nicht oder kaum ausbildet, darf kein Fachkräfteproblem beklagen. Die Arbeitgeber sollten endlich vom Modus des Jammerns in den Modus der Aktion umschalten. Der Ausbildungsboykott muss ein Ende haben.“

Die beliebtesten Berufe

Im Bereich der IG Metall gab es in Berufen des Handwerks weiterhin die meisten neuen Ausbildungsverträge: 71.300 Auszubildende unterschrieben 2023 einen neuen Vertrag – 2 Prozent mehr im Vergleich zum Vorkrisenniveau 2019. Ebenso stieg die Zahl der neuen Verträge in IT-Berufen um 11 Prozent auf 25.600 im Vergleich zu Vor-Corona. Zu einem Gesamt-Minus in der Ausbildungsbilanz tragen die restlichen Berufe bei: Kaufleute und Logistik (48.900 Verträge, minus 10 Prozent), Metall- und Elektroberufe (42.700 Verträge, minus 9 Prozent), 2-jährige Berufe wie z.B. Maschinenführer*in oder Lagerist*in (12.600 Verträge, minus 5 Prozent) und Konstruktionsberufe (3600 Verträge, minus 5 Prozent).

Passungsprobleme nehmen zu

Zum zweiten Mal in Folge liegt die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen über der der noch suchenden Bewerber*innen. Gleichzeitig stieg die Zahl der unversorgten Jugendlichen, was die Lage verschärft. Gesamtwirtschaftlich standen im vergangenen Jahr 73.400 unbesetzte Ausbildungsplätze 63.700 unversorgten und suchenden Jugendlichen gegenüber. Darunter sind alle Lernniveaus vertreten (Hauptschul-Abschluss: 30 %; Realschule: 34 %; (Fach-)Abitur: 25 %, ohne Abschluss: 2 %). Dazu kommen noch 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen berufsqualifizierten Abschluss haben.

Laut IG Metall liegen diese sogenannten Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt an einer mangelnden Berufsorientierung während und nach der Schulzeit sowie an regional ungleich verteilten sowie unattraktiven Ausbildungsangeboten der Unternehmen. Dazu komme oft eine rigide Einstellungspraxis mit zu hoch erwarteten formalen Bildungsabschlüssen.

Besseres Übergangsmanagement und Ausbildungsabgabe

IG Metall-Vorstand Urban: „Der Ausbildungsmarkt und vor allem die Jugendlichen brauchen jetzt ein Maßnahmenpaket: ein breiteres Angebot an qualifizierten und attraktiven Ausbildungsstellen, eine systematische Information und Begeisterung junger Menschen für die gesamte Palette der Berufe durch Jugendberufsagenturen.“ Kern aber bleibe die Verantwortung der Unternehmen: „Wer ausbildet, muss das mit guten Bedingungen tun. Wer nicht ausbildet, muss zahlen.“ Neben einem systematischen Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf fordert die IG Metall deshalb eine gesetzliche Umlagefinanzierung. Eine Abgabe nicht ausbildender Betriebe soll hiermit ausbildende Betriebe unterstützen.

 

Redaktioneller Hinweis: Ihre Untersuchung stützt die IG Metall auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstituts für Berufsbildung. Die gesamte „Ausbildungsbilanz 2023“ der IG Metall finden Sie unten.

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