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ARBEITGEBER VERWEIGERN ANGLEICHUNG DER ARBEITSBEDINGUNGEN IN DER OSTDEUTSCHEN METALL- UND ELEKTROINDUSTRIE

22.06.2019 | Tarifgespräche zur Verkürzung der Arbeitszeiten ergebnislos abgebrochen Frankfurt am Main/Erfurt/Potsdam. Am heutigen 22. Juni wurden die Gespräche der Tarifparteien zur Angleichung der Arbeitszeiten in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie nach 13 Stunden ergebnislos und ohne Vereinbarung weiterer Termine beendet. „Die Arbeitgeberverbände verweigern die Angleichung der Arbeitsbedingungen in den ostdeutschen Tarifbezirken. Wir stellen nach sechs Verhandlungen fest, dass mit den ostdeutschen Verbänden unter der Regie von Gesamtmetall keine Angleichung der Arbeitszeiten möglich war“, sagt Jörg Köhlinger, Bezirksleiter der IG Metall Mitte.

 „Sie wollen stattdessen den Osten als Einfallstor für deregulierte Arbeitsbedingungen ausbauen, statt einen eigenen Beitrag für die Angleichung der Arbeitsbedingungen in den Konzernen und Unternehmen zu leisten. Stattdessen haben sie vorgeschlagen, dass statt einer Reduzierung sogar eine dauerhafte Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden und mehr in den ostdeutschen Betrieben möglich wäre. Das ist die bittere Erkenntnis nach den Gesprächen, die wir seit März 2019 geführt haben. Eine solche Behandlung der ostdeutschen Beschäftigten ist mit der IG Metall nicht verhandelbar. Ein Systemwechsel, der verbindliche tarifliche Standards betrieblicher Beliebigkeit überlässt, ist für uns kein Weg.“

Und weiter: „Die IG Metall wird weiter für eine flächendeckende Einführung der 35-Stunden-Woche in der Thüringer Metall- und Elektroindustrie eintreten. Wir fordern den Verband der Metall- und Elektroindustrie Thüringen dazu auf, mit uns bis September 2019 eine tragfähige Lösung zu erarbeiten. Wir werden die Arbeitszeitverkürzung Betrieb für Betrieb auf die Tagesordnung setzen.“

Die IG Metall hatte in den Gesprächen den Tarifvertrag „Zukunft“ als Lösungsvorschlag vorgelegt. Dieser sieht einen Zeitraum der flexiblen Einführung von zehn Jahren vor und überfordert damit von der wirtschaftlichen Seite her keinen Betrieb. Trotz dieser Vorschläge hatte sich die Arbeitgeberseite nicht bewegt. Die ostdeutschen Verbände legten keinen Plan zur Angleichung der Arbeitszeit vor, sondern ein umfassendes Deregulierungsprogramm. Danach wäre die Einführung der 35-Stunden-Woche nicht verbindlich, sondern nur mit Zustimmung des Arbeitgebers und bei voller Kostenkompensation durch die Beschäftigten möglich gewesen: Sie müssten jede Minute der Gleichstellung selbst bezahlen. Auf dieser Grundlage war für die IG Metall keine Einigung möglich.

Hintergrund: In Thüringen arbeiten die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie noch immer 38 Stunden in der Woche. Im Westen wurde die 35-Stundenwoche nach einem Streik 1984 eingeführt. Somit gelten in den Konzernen und Unternehmen, die sowohl in Westdeutschland als auch in Thüringen Standorte haben, ungleiche Wochenarbeitszeiten, so bei Bosch und BMW, Siemens und Schuler, Carl Zeiss und Kaeser Kompressoren.

Im Februar 2018 wurde mit dem Tarifergebnis der Metall- und Elektroindustrie eine Gesprächsverpflichtung unterzeichnet. Die Gespräche wurden anschließend für Berlin/Brandenburg und Sachsen mit den Arbeitgeberverbänden geführt. Mit dem Berlin-Brandenburger Arbeitgeberverband VME wurde im November 2018 ein Eckpunktepapier unterzeichnet, das einen Lösungsansatz im Flächentarifvertrag im ersten Halbjahr 2019 fixierte.

Auf Druck von Gesamtmetall im Dezember 2018 wurde dieses Ergebnis gestoppt und die Verhandlungen im März 2019 auf Ebene aller ostdeutschen Tarifgebiete gestartet.

Die IG Metall ist für eine Ost-West-Angleichung im Flächentarifvertrag angetreten. Die Vorschläge der Arbeitgeber höhlen dagegen den Flächentarifvertrag langfristig aus: Die Regelung der Arbeitszeit soll dauerhaft den Betriebsparteien übertragen werden. „Das Konfliktthema Arbeitszeit würde damit außerhalb der Regelungshoheit der Tarifvertragsparteien liegen. Dies hebelt den Tarifvertrag vollkommen aus, anstatt ihn zu stärken“, erläutert Jörg Köhlinger. „Das stellt das Tarifvertragssystem insgesamt in Frage. Die Deregulierungsvorschläge greifen alles an, was im Mantel-Tarifvertrag wichtig ist. Beispiele dafür sind die Bezahlung von Schichtpausen, Zuschläge und Freistellungstage. All das wollen die Arbeitgeber im Osten abschaffen und zudem den Samstag als Regelarbeitstag einführen. Die Vorschläge der Arbeitgeber hätten zur Konsequenz, dass sich Beschäftigte noch weniger als bisher auf verlässliche Arbeitszeiten bauen könnten und damit würde auch das Entgelt schwanken.“
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Von: cb

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