Berufliche Bildung

Hauptschulabgänger brauchen bessere Chancen. Schulnoten sagen nicht viel aus.

03.07.2023 | Gemeinsam diskutieren und feiern: 3000 Aktive aus allen Ortsjugendausschüssen treffen sich zwischen dem 13. und 16. Juli in Magdeburg auf dem Jugendfestival der IG Metall zur Veranstaltung »R!se! For future, for solidarity, for us«.

Foto: Thomas Range

Zusammen mit Jugendorganisationen von Parteien, mit Jugendverbänden und zivilgesellschaftlichen Initiativen soll es einen intensiven Austausch und Diskussionen geben.

Die Themen reichen von der Gestaltung der Transformation über die Eindämmung des Klimawandels bis zur dualen Berufsausbildung und der Frage, wie die jungen Metallerinnen und Metaller ihre Interessen in der IG Metall, in Politik und Gesellschaft durchsetzen. Dazu erwartet die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ein spannendes Kunst- und Kulturprogramm, Spiel und Spaß.

Christoph Müglich, Sekretär für Jugend und Bildung im IG Metall-Bezirk Mitte, sagt: »Eine gute Chance, um das Profil zu schärfen bei Themen, die jungen Metallerinnen und Metallern auf den Nägeln brennen und natürlich auch, um Kontakte zu knüpfen.«  

Eines dieser Themen ist die duale Berufsausbildung. Im September beginnt das neue Ausbildungsjahr und es ist damit zu rechnen, dass sich  nicht viel ändern wird. Der Anteil der Betriebe, die nicht ausbilden, ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken und lag 2021 (neuere Zahlen liegen nicht vor) im Durchschnitt aller Betriebe bei gerade einmal 19,1 Prozent. Der Löwenanteil mit gut 81 Prozent fällt auf Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten.

Seit Beginn der Coronapandemie ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge bundesweit und über alle Berufe hinweg um rund 50 000 auf 475 000 gesunken. Dabei gibt es zugleich ein Versorgungs- und ein Besetzungsproblem: Es blieben mehr Ausbildungsplätze unbesetzt, während viele Suchende keinen Ausbildungsplatz fanden.

»Der Arbeitsmarkt für Ausbildungsplätze ist gespalten«, sagt Christoph Müglich. Rechnerisch stehen 100 Hauptschulabgängern nur 78 Ausbildungsplätze gegenüber. Dagegen kamen auf 100 Abiturienten mehr als 400 Ausbildungsstellen. »Wir müssen Hauptschulabsolventen eine Chance geben. Es ist bekannt, dass Schulnoten wenig über die Ausbildungsfähigkeit aussagen.«

Auf der einen Seite gibt es Betriebe, die keine Probleme haben, Auszubildende zu finden, andererseits gibt es aber auch viele, die keine Bewerbungen bekommen. Dafür gibt es Gründe: eine wenig attraktive Arbeit, schlechte berufliche Perspektiven oder der Standort.

Viele junge Menschen ziehen eine berufliche Ausbildung gar nicht mehr in Erwägung. Sie bevorzugen ein Studium, obwohl die Verdienstchancen nach einer dualen Ausbildung in vielen Fällen besser wären als nach einem Studium. 

Arbeitgeber sind nicht immer auf die neue Situation eingestellt. Viele haben ein Bild von Auszubildenden, das nicht mehr selbstverständlich ist: männlich, 16 Jahre alt und im Elternhaus wohnend.

Die Realität sieht anders aus. Auszubildende sind heute oft zwischen 18 und 20 Jahre alt, wenn sie in einen Betrieb kommen, sie waren länger in der Schule, haben ein soziales Jahr oder eine andere Ausbildung absolviert und wohnen nicht mehr bei ihren Eltern. Für viele ist bezahlbarer Wohnraum deshalb ein wichtiges Thema.

Wenn die Entwicklung der vergangenen Jahre anhält und immer mehr junge Menschen mit dem Abschluss einer Realschule oder eines Gymnasiums in eine duale berufliche Ausbildung drängen, werden sich die Chancen für Hauptschulabsolventen weiter verschlechtern, befürchtet Müglich. Jugend- und Auszubildendenvertretungen sowie Betriebsräte sollten deshalb darauf achten, dass Bewerberinnen und Bewerber mit Hauptschulabschluss bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen angemessen berücksichtigt werden.

Das Interesse von Hauptschülern an einer Ausbildung ist jedenfalls groß. Vier Fünftel wollen nach einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung eine Ausbildung machen, 18 Prozent haben sich noch nicht entschieden und nur  3 Prozent wollen keine Ausbildung.  

Zur Stärkung der dualen Berufsausbildung trägt es auch nicht bei, dass junge Menschen in weit entfernte Orte fahren müssen, um dort am Berufsschulunterricht teilzunehmen. Grund für diesen Schultourismus: Es gibt in manchen Berufen zu wenig Auszubildende für eigene Klassen. Der Unterricht wird deshalb landesweit auf wenige Berufsschulen konzentriert. In Hessen ist das aktuell ein Problem.

Von: mn

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