Pressemitteilung

IG Metall und Continental erzielen Verhandlungsergebnis zum Erhalt des Standortes in Babenhausen

18.01.2021 | Frankfurt am Main/Babenhausen – IG Metall und Continental haben ein Verhandlungsergebnis zu Eckpunkten für den Erhalt des Standortes Babenhausen erzielt. Das Ergebnis sieht den Erhalt des Standortes bis mindestens Ende 2028 vor. Betriebsbedingte Kündigungen gegenüber Mitgliedern der IG Metall sind bis Ende 2022 vollständig ausgeschlossen, bis Ende 2024 sind sie nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.

Zudem verpflichtet sich der Automobilzulieferer, eine qualifizierte Ausbildung fortzuführen und weiterhin Ausbildungsplätze am Standort in Babenhausen anzubieten. Unter dem Motto ‚Von Arbeit in Arbeit‘ bietet Continental an- und ungelernten Beschäftigten die Möglichkeit, einen Berufsabschluss zu erwerben. Außerdem wird eine Transfergesellschaft eingerichtet.

Jörg Köhlinger, Leiter des IG Metall Bezirks Mitte, kann sich das Ergebnis als Basis für einen tragfähigen Kompromiss vorstellen. „Die massiven Proteste der Beschäftigten im vergangenen Jahr haben Continental offensichtlich zum Einlenken bewegt. Jetzt kommt es darauf an, die Transformation zusammen mit den Beschäftigten am Standort nachhaltig zu gestalten.“ Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, so Köhlinger weiter, dass Continental an dem angekündigten Arbeitsplatzabbau an anderen Standorten festhalte. Insofern würden die Proteste dort weitergehen müssen.

Die Eckpunkte des Zukunfts- und Sozialtarifvertrages sehen Zukunftsprojekte zur Gestaltung einer nachhaltigen Transformation vor. Mit dem Zukunftsprojekt I wollen Unternehmen, Betriebsrat und IG Metall neue Geschäftsfelder für die Continental Automotive identifizieren und erschließen. Der industriepolitische Zukunftsdialog (Zukunftsprojekt II) soll dazu dienen im Sinne von Nachnutzungsperspektiven weitere Unternehmen am Standort Babenhausen anzusiedeln, um langfristig industrielle Arbeitsplätze in der Region halten zu können. Continental wird zur Umsetzung des Zukunftsprojekts II eine Strukturentwicklungsgesellschaft beauftragen und finanzieren.

Anne Nothing, Mitglied der IG Metall Verhandlungskommission und Betriebsratsvorsitzende am Standort: „Unser größter Erfolg ist, dass wir dem Arbeitgeber abringen konnten, dass der Standort inklusive des Werks bis 2028 erhalten bleibt und dabei auch eine Mindestgröße der Belegschaft vereinbart wurde. Natürlich mussten wir dabei Federn lassen, was die garantierten Beschäftigungszahlen angeht. Aber dass wir das Unternehmen überhaupt noch dazu bringen konnten, mit uns ernsthaft über die Zukunft des Standorts zu verhandeln, ist ein Erfolg der Organisation und des Drucks, den die Belegschaft mit den Warnstreiks entwickelt hat.“

Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist am Standort durch Continental weiterhin geplant, soll aber weitestgehend auf freiwilliger und sozialverträglicher Basis erfolgen. So können ältere Beschäftigte freiwillig über Altersteilzeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Continental kann Beschäftigten zudem Aufhebungsverträge anbieten. Mitglieder der IG Metall, die beispielweise durch einen Aufhebungsvertrag ausscheiden, erhalten gegenüber dem geltenden Rahmensozialplan eine deutlich verbesserte Abfindung. So wurden u.a. ein Sockelbetrag von 10.000 Euro und eine tarifliche Zusatzabfindung in Höhe von 2.500 Euro je unterhaltspflichtigem Kind vereinbart.

Daniel Bremm, Bevollmächtigter der IG Metall Darmstadt und dort zuständig für Continental Babenhausen sagte dazu: „Mit den vereinbarten Sozialtarifregelungen bewegen wir uns im oberen Bereich des Branchenüblichen. Unter schwierigsten Rahmenbedingungen haben wir einen stellenweise schmerzhaften, in Summe aber vertretbaren Kompromiss erwirkt. Das Beispiel sollte Belegschaften, die an weiteren Continental-Standorten oder andernorts mit ähnlichen Situationen konfrontiert sind, Mut machen!“

Das Verhandlungsergebnis steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Mitglieder der IG Metall am Standort von Continental in Babenhausen. Das Mitgliedervotum findet coronabedingt vom 19. bis 23 Januar 2021 während der Arbeitszeit statt. Die Erklärungsfrist endet am 12. Februar 2021.

 

Hintergrund:

Der Automobilzulieferer will weltweit 30.000 Stellen abbauen, davon 13.000 Stellen in Deutschland. Allein in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen sollen einschließlich des Standortes in Babenhausen mehr als 5.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Diesem Kahlschlag haben sich Beschäftigten in Babenhausen erfolgreich widersetzt.

Mehr als 40.000 Menschen sind bei Continental-Automotive und Vitesco (Organisationsbereich der IG Metall) im Inland beschäftigt. Im IG Metall Bezirk Mitte sind es knapp 14.000 Menschen, der überwiegende Teil im Rhein-Main-Gebiet.

Von: cb

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