Stahlindustrie im Umbruch

Mahnwache für europäischen Stahl

25.10.2019 | EU und Bundesregierung verlangen von der Stahlindustrie eine klimafreundliche Produktion, schaffen aber nicht die dafür notwenigen Rahmenbedingungen. Das treibt die Beschäftigten auf die Straße

Für faire Wettbewerbschancen und die Sicherung der europäischen Stahlindustrie zogen gestern Abend knapp 300 Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter vor die Europäische Zentralbank in der Finanzhauptstadt Frankfurt. Eine besondere Symbolik: Denn vor gut zehn Jahren, als die Finanzkrise wütete, sprangen Politik und EZB ein um Banken zu retten. Die großen Geldhäuser seien systemrelevant für den Finanzsektor und die Wirtschaft, so lautete damals die Begründung. Als systemrelevant sehen sich auch die Beschäftigten der deutschen Stahlindustrie – als systemrelevant für eine gelingende Klimapolitik.

Stahl wird hierzulande unter deutlich geringeren CO2-Emissionen hergestellt als in vielen Hütten außerhalb der EU. Doch der klimabelastende Stahl aus dem nicht-EU-Ausland überschwemmt Europa und bedroht heimische Arbeitsplätze. Warum? Er ist einfach billiger. Das liegt daran, dass die Produzenten außerhalb der EU meist deutlich niedrigere Stromkosten zu zahlen haben, keine CO2-Zertifikate für die bei der Produktion entstandene Emissionen erwerben müssen sowie niedrigere Umwelt- und oft auch Arbeitssicherheitsstandards erfüllen.

Dass vor allem Saarländerinnen und Saarländer bei Mahnwache vor der EZB nach Frankfurt vertreten waren, hat einen bitteren Hintergrund: Bei der Stahl Holding Saar (SHS) wurde gerade angekündigt, dass 1500 Stellen abgebaut und weitere 1000 Arbeitsplätze ausgelagert werden sollen. Auch hier zeigt sich: Unterm Strich werden heimische Hersteller für ihre klimafreundliche Produktion bestraft. Dennoch möchten sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. So sind sie gewillt, die Produktion umzustellen – vom Kochen mit Kokskohle auf die Reduktion mit Wasserstoff. Das Ergebnis wäre eine komplett klimaneutrale Stahlproduktion. Doch dafür brauchen die Betriebe politischen Rücken- statt Gegenwind.

Klimafreundliche Produktion muss unterstütz werden

Das betonte auch Jörg Köhlinger, Bezirksleiter Mitte der IG Metall auf der Mahnwache: „Die deutsche und die europäische Politik müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Stahlindustrie in Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleibt.“

Hierzu hat die IG Metall Forderungen und Positionen herausgearbeitet, die sich an die Vorstände der Stahlunternehmen und an die Bundesregierung richten. Ziel ist der Umbau der Stahlindustrie zu einer CO²-freien Stahlproduktion. Die deutsche und europäische Stahlindustrie müssen die Technologieführerschaft in der klimaneutralen Stahlerzeugung übernehmen. Der Umbau muss so gestaltet werden, dass die Arbeitsplätze erhalten und gesichert werden.

So fordert die IG Metall unter andrem,

·    dass importierter Stahl, der schlechtere Umweltwerte ausweist, als der in Europa gefertigte Stahl, mit einer Umweltabgabe, einer Green-Border-Tax,  besteuert werden muss,

·    dass um die notwendigen und beschlossenen CO2-Einsparungen zu erreichen, die EU-Kommission und die Bundesregierung Förderprogramme in Milliardenhöhe zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie auflegen muss

·    und dass die Bundesregierung sowie die Europäische Union sich dazu einsetzen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und der deutschen Stahlindustrie sichern und ganze Wertschöpfungsketten, beginnend mit dem Stahl bis hin zum Endprodukt, zu erhalten.

 

Von: cb

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